Stephanie Thiele, Vorsitzende des Vereins für Stadtgeschichte und verdiente Tannaer Bürgermeisterin in der Nachwendezeit, veröffentlicht einen interessanten historischen Vergleich zwischen dem Stadthaus in Düsseldorf und der Alten Schule in Tanna. Beides klassizistische Gebäude des städtischen Bürgertums mit bewegter Geschichte.

Baustilkunde Klassizismus

Der Stadtrat will zur Finanzierung des „Teilabbruchs“ und weiterer Vorhaben einen Kredit über 800 000 Euro aufnehmen. Darin ist der dauerhafte Erhalt der entstehenden Freifläche vermutlich noch nicht eingerechnet. Es steht den Steuereinnahmen und den qualifizierten Arbeitsplätzen gegenüber, die ein Schulungszentrum für Fahrradfachhändler nach Tanna geholt hätte. Auch die Übernachtungs und Bewirtungsgäste werden nun nicht nach Tanna kommen. Tanna zieht es vor eine Brache vor der Kirche zu schaffen, anstatt ein Baudenkmal zu erhalten, Arbeitsplätze zu schaffen und lokale Unternehmen zu fördern. Auch die Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht, hat es vorgezogen, sich nicht für die Thüringer Wirtschaft und den Erhalt des Baudenkmals einzusetzen – dabei ist sie Vorstandsmitglied im Verein zur Förderung der Stiftung zur Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler in Deutschland e. V. – KiBa. Diese Website kann nur noch zur Dokumentation dieses unglaublichen Vorgangs dienen. Leider ist es [mit diesem Blog] nicht gelungen, einen Diskurs und ein Dialog über die Zukunft des gut erhaltenen historischen Schulgebäudes zu führen. Das bedauere ich sehr. Auch wird wohl erst ein mal im dunkeln bleiben, welche Strategie die Stadt mit ihrem Handeln verfolgt, und welche Motivationen hinter einer irrationalen Wirtschafts- und Stadtentwicklungspolitik stehen.

Max Neupert

Am 1. November beauftragte der Stadtrat die Firma Fischer mit dem Abriss der Alten Schule. Volumen des Auftrags: 105.171,72 Euro.

Warum ist in den Jahren in denen es eine Baugenehmigung gab nichts am Gebäude passiert?

Das Gegenteil ist der Fall.

Die Sanierung des Gebäudes ist nur mit Unterstützung durch Förderer wie zum Beispiel die Städtebauförderung möglich. Diese Förderungen können teilweise nur zusammen mit der Stadt beantragt werden. Leider war die Terminfindung zu gemeinsamen Gesprächen mit Förderern und der Stadt sehr schwierig. Dabei ist Zeit verloren worden.

Vielleicht ist von außen davon nichts zu sehen, aber das Gebäude wurde im Sommer 2007 innen von allen nachträglichen Einbauten befreit, Zwischenwände wurden entfernt, Bodenbeläge bis auf die originalen Dielen oder Balken abgetragen, Sondermüll fachgerecht entsorgt und im 3. OG wurden das Fachwerk freigelegt. Die Kosten hierfür haben ExtraEnergy und Hannes Neupert getragen (rund 50.000 Euro).
(Hier gibt’s Fotos der Schule nach den Arbeiten)

Warum wurde der Kaufpreis von einem Euro nicht überwiesen?

Die Kaufbedingungen der Stadt waren nicht erfüllbar.

Weil die Stadt Tanna darauf bestand, dass die Sanierung in zwei Jahren nach Kauf abgeschlossen sein muss. Das ist bei einem Gebäude dieser Größe nicht zu garantieren, ohne dass der Bauzustand untersucht wurde und die Förderungen und Finanzierungsvereinbarung mit den Banken abgeschlossen sind. In Absprache mit dem Bürgermeister war vereinbart, dass deshalb das Gebäude erst entkernt und die Detailplanung abgeschlossen wird bevor der Vertrag abgeschlossen wird. Deshalb wurde das Gebäude entkernt und die Detailplanung aussgeführt (siehe oben).

Geht es hier nur darum Fördermittel in irgendwelcher Art abzustauben!?!

Nein.

Es geht bei dem Projekt darum die Unternehmen EnergyBus e.V. und ExtraEnergy e.V. langfristig in Tanna zu halten und weitere qualifizierte Arbeitsplätze vor Ort zu schaffen. EnergyBus e.V. und die Tochterfirma EnergyBus GmbH möchten in der Alten Schule ein Test- und Schulungszentrum einrichten, welches dauerhaft Besucher und Übernachtungsgäste nach Tanna bringen wird. Zudem soll das einmalige und wunderbare ehemalige Schulgebäude Tannas für zukünftige Generationen erhalten bleiben. ExtraEnergy hat ein zukunftsweisendes Konzept und eine klare Vision für die Nutzung des denkmalgeschützten Gebäudes.

Warum tut niemand etwas, weil die Schule zur Gefahr für die Allgemeinheit wird weil Gebäudeteile auf Gehweg und Straße stürzen?

Das Gebäude ist zwar im derzeitigen Zustand kein Schmuckstück mehr, aber es ist keine Gefahr. Wenn die Stadt 2008 den Vertrag ohne Klauseln (siehe oben) abgeschlossen hätte, könnte die Alte Schule heute schon längst wieder zu den Schmuckstücken Tannas gehören.

Das Haus ist ja gar nicht erreichbar, wo sollen denn die Zulieferer hinfahren und die Mitarbeiter parken?

Mit diesem Scheinargument ließe sich jede historisch gewachsene Stadt abreißen. Die Baugenehmigung wurde von den zuständigen Behörden erteilt, wenn es Bedenken bezüglich der Erschließung gegeben hätte, wäre dies nicht geschehen.

Haben Sie weitere Fragen? Schreiben Sie in das Kommentarfeld!

Die Stadt Tanna hat das Ausschreibungsverfahren für den Abbruch der Alten Schule eingeleitet. Die Ausschreibung umfasst die folgenden Leistungen:

Ausführung: 12.11.2012 bis 15.03.2013

Angebot: 16.10.2012

Gegenstand: Selektiver Rückbau/Abbruch in 07922 Tanna

Art und Umfang der Leistung:

• Baustelleneinrichtung, Verkehrssicherung (halbseitige Sperrung), Hilfsleistungen
• 3 600 m³ umbauter Raum – selektiver Rückbau/Abbruch Schulgebäude mit Nebengebäuden Mauerwerk mit Satteldach (Sicherung div. Bauteile aus Naturstein, Stahl, Holz)
• 550 m³ umbauter Raum – Abbruch Heizhaus (Ziegel/Stahlbeton)
• 200 m³ Abbruch + Entsorgung Ziegel-Schornstein (Altlasten)
• 850 m³ umbauter Raum – Abbruch Nebengebäude, Garagen, Gartenhaus
• 65 lfd. m Rückbau Natursteinstützmauern
• 700 m² Erd- und Oberbodenarbeiten für Lagerflächen
• temporäre Schutzmaßnahmen für spätere Überbauung, Gewölbesicherung

Die Ausschreibung ist auf der Seite der Stadt zu finden: www.stadt-tanna.de/phpwcms/index.php?ausschreibung-abbruch-alte-schule

Aus dem Rathaus kommt widersprüchliche Post. Mit Datum vom 20.8.2012 steht im Anschreiben: „Sehr geehrter Herr Neupert, hiermit möchten wir Ihnen mitteilen, dass der Stadtrat der Stadt Tanna, mit Beschluss vom 17.08.2012 Nr 12/33/06, Ihrem Kaufvertrag nicht zugestimmt hat.“ (Hervorhebungen sind hinzugefügt). Die zweite Seite ist die Anlage, der Beschluss des Stadtrates der Stadt Tanna aus der Sitzung am 16.08.2012. Dort steht: „Der Stadtrat der Stadt Tanna stimmt dem Verkauf des Flurstück 1/5 Gemarkung Tanna, Flur 1, Alte Schule, zu. Der Bürgermeister wird ermächtigt, die hierfür erforderlichen Verfahrensschritte einzuleiten.“ Das Abstimmungsergebnis der nicht öffentlichen Sitzung wird mit einem einstimmigen Nein der dreizehn anwesenden Mitgliedern des Stadtrates angegeben. Unterzeichnet ist das Dokument von Bürgermeister Marco Seidel.

Beschluss der Stadt Tanna vom 16. (oder doch 17.?) 08. 2012

Am Kirchberg ist der alte Kultursitz von Tanna. Hier Kirche, Oberpfarrei und Schule, die nebst dem Rathause Zierden der Stadt sind.

Eine der wichtigsten Quellen zur Geschichte im Fürstentum Reuss, und damit auch Tannas, ist die „Volks- und Landeskunde des Fürstenthums Reuß j. L. – Im Auftrage des regierenden Landesfürsten verfaßt von G. Brückner, Hof und Archivrath in Meiningen“ Erschienen 1870 in Gera. Eine Reprintauflage ist 2011 im Verlag Rockstuhl erschienen (ISBN 1009810359).

Ab Seite 684 wird Tanna ausführlich beschrieben. An drei Stellen wird die Schule erwähnt. In der allgemeinen Ortsbeschreibung wird festgestellt, dass Kirche, Oberfarrei und Schule neben dem Rathaus die Zierden der Stadt sind.

Ob eine Schule zu Tanna schon vor der Reformation durch den deutschen Orden gegründet wurde, ist nicht glaublich, sicher aber, daß dies durch die Reformation geschah.

Weiterhin wird spekuliert, ob vielleicht der deutsche Orden schon vor der Reformation eine Schule in Tanna gegründet hatte, dies aber als unwarscheinlich abgetan. Trotzdem bleibt das eigentliche Erbauungsdatum der Schule unbekannt, lediglich das Jahr des Wiederaufbaus nach einem Brand. „Das 1640 abgrebannte Schulhaus wurde 1645 wieder aufgebaut. Ein Neubau erfolgte 1742-1745. Im Jahre 1845 feuerte die Schule ihr Jubiläum. Leider brannte sie 1857 abermals ab, worauf man das jetzige schöne Schulhaus erwiterte und um ein Stockwerk höher erbaute. Im Erdgeschosse hat es vier Lehrzimmer und im ersten und zweiten Stock die Wohnräume der Lehrer…“

Bis auf einige Lehnsgefälle, Erbzinsen in Tanna und Willersdorf und eine Waldparcelle („Gottesholz“) ist das Kirchenvermögen durch den Schulbau aufgezehrt.

Letzlich wird erwähnt, dass (zum Zeitpunkt des erscheinens der Chronik, 1870) das Kirchenvermögen „bis auf einige Lehnsgefälle, Erbzinsen (…) und eine Waldparcelle (…) durch den Schulbau aufgezehrt [ist]“.

Als Reaktion auf das Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages erklärt das Thüringer Ministerium für Bildung Wissenschaft und Kultur die Einschätzung des Landesverwaltungsamts.

Alte Schule Schreiben TMBWK